Graham on Austrian Radio Show 14 August 2008

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markus
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Graham on Austrian Radio Show 14 August 2008

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Great archive find for our German-speaking fanbase: Interview and music with Graham on Austrian Radio O1, Zeit-Ton 14 August 2008, German language.

Download it from the 808 State Radio Shows page.

Here's the text of the page on their website :

Im Nachhall der Rave-Revolution

Als Mitglied der Band 808 State hat er in den späten 1980er Jahren Acid House Geschichte geschrieben, mit seiner Band Toolshed, die bis zu 28 Mitglieder zählt, zeigt er heute, wohin elektronische Tanzmusik sich zu entwickeln vermag.

1988 war in England das Jahr der Rave-Revolution und sie begann nicht zuletzt in Manchester. Eine der damals einflussreichsten Bands dort war die Acid-House-Formation 808 State rund um Graham Massey.

Erstmals gehört hatte Graham Massey diese neue elektronische Tanzmusik im Radio. Damals, erzählt er, gab es am Sonntag eine Sendung, in der vorwiegend Soul und R'n'B, also die Musik der Afroamerikanerinnen und -amerikaner auf dem Programm stand und irgendwann einmal wurde dann plötzlich auch Techno und House gespielt. Hellhörig gemacht hätten ihn dabei insbesondere diese raueren und experimentierfreudigeren Tracks, für die sich bald der Genrebegriff Acid House durchsetzen sollte.

Newbuild

Ihr primäres Ziel sei es damals gewesen, so Graham Massey, einfach mehr von dieser so aufregend klingenden Musik zu machen, die in den einschlägigen Clubs gerade einmal eine halbe Stunde zu hören war. Dabei trieben 808 State Acid House weiter auf die Spitze. Ihr erstes 1988 erschienenes Album mit dem durchwegs programmatisch zu verstehenden Titel "Newbuild" wurde von John Peel in seiner Radioshow prompt rauf und runter gespielt. Jene, die über das Radio auf die neue Musik aufmerksam geworden sind, sollten bald selber durch das Radio bekannt werden.

Protest gegen das Thatcher-Regime
Ausgelöst wurde die Rave-Revolution durch eine Generation neuer elektronischer Musikinstrumente und durch die rasante Verbreitung von Ecstasy, in England war sie aber auch eine Reaktion auf das Thatcher-Regime, wie Graham Massey ausführt.

Graham Massey: "Die größte Begeisterung für die Rave-Szene entstand für mich aus diesem Gefühl der Selbstermächtigung heraus. Wir dachten uns, wenn wir nur erst kreativ waren, dann konnten wir auch etwas verändern. Und es war uns dabei egal, ob wir von Politik und Behörden verstanden wurden. Wenn sie uns hassten, dann fanden wir das sogar noch besser. Es fühlte sich rebellisch an, auch unsere Musik war dann rebellisch und so konnten wir uns von der Vergangenheit abgrenzen und futuristisch sein."

Gegen "Repetitive Beats"
Nach einigen höchst kreativen und fröhlich beschwingten Jahren, den so genannten Madchester-Jahren, war die Rave-Szene mit zunehmender Zeit von immer mehr Kriminalität geprägt, wie Graham Massey erzählt. Ein Grund, warum die englische Regierung Anfang der 1990er Jahre ein Gesetz erließ, das heute auch unter dem Begriff "Repetitive Beat Act" bekannt ist, weil es unter anderem das Versammeln rund um "Repetitive Beats" eben untersagte. Die neue Jugendkultur sollte aber auch in die Schranken gewiesen werden, um sie für Investoren aus der Wirtschaft lukrativ zu machen.

Graham Massey: "Die Erneuerung, die Manchester in den letzten zwei Jahrzehnten erfahren hat, kann als direkter Effekt der Revitalisierung gesehen werden, die diese Stadt durch die Rave-Szene erfahren hat, gegen die die Behörden einst so rigoros vorgegangen sind. Das ist doch eigentlich ziemlich seltsam."

Vom Club Toolshed...
1997 wurde Graham Massey, der unter dem Pseudonym Massonix weiterhin komplexe elektronische Tanzmusik produziert, eingeladen, im berühmt-berüchtigten Manchester Konzertlokal "Band on the Wall" einen regelmäßigen Club für elektronische Musik zu veranstalten. Massey überlegte sich folgendes Konzept: Es sollten jedes Mal zwei Bands auftreten, eine Gast-Band und eine Haus-Band, die auch prompt gegründet wurde. Graham Massey lud eine Reihe von Musikerinnen und Musikern ein, sich im "Band on the Wall" zu einer Jam-Session einzufinden. Die Idee ging auf, der Club Toolshed, so hatte ihn Massey genannt, galt in Manchester bald als eine verlässliche Adresse für experimentierfreudige Musik und schließlich entstand im Club Toolshed die Band Toolshed, die bis zu 28 Mitglieder zählt.

Graham Massey: "Junge, Alte, Frauen, Männer. Toolshed ist eine große Gruppe von ausgeprägten Persönlichkeiten. Und mit diesen zusammenzuarbeiten war einfach großartig."

...zur Band Toolshed
Nach so vielen Jahren hinter dem Computer, so Graham Massey, würde er es nun ganz besonders schätzen, gemeinsam mit leibhaftigen Musikerinnen und Musikern auf der Bühne zu stehen, die eben nicht auch Computer, sondern irgendwelche anderen Instrumente spielen.

Graham Massey: "Toolshed ist gewissermaßen auch eine Abwehrreaktion gegen Techno, obwohl ich hier all das anwende, was mich Techno gelehrt hat. Diese Musik trägt also die DNA von Techno in sich, aber sie menschelt auch."

Und statt einer Drum Machine spielen dann bei Toolshed-Konzerten auch schon einmal vier Schlagzeuger gleichzeitig, um den komplexen Beatgeflechten nahe zu kommen, die sich Bandleader Graham Massey ausgedacht hat.

Hör-Tipp
Zeit-Ton, Donnerstag, 14. August 2008, 23:05 Uhr

CD-Tipp s
Massonix, "Sub Tracks", Skam Records, Skald 080
Toolshed, "Toolshed", Twisted Nerve Records, TNO66CDINT
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